Donnerstag, 25. Mai 2017

Ein letzter Beitrag

Damit dieser Blog doch noch irgendeine Art von "Schlusswort" findet, habe ich mich dazu entschlossen, hier meinen Erfahrungsbericht zur Hope College Zeit zu veröffentlichen, den ich für die Uni schreiben musste.
Wenn du lernen möchtest, Englisch auf akademischen Niveau zu lernen und dich für die amerikanische Kultur interessierst, dann kann ich dir empfehlen, dich für den Platz am Hope College zu bewerben. An diesem College wirst du nicht nur herausfinden, wie anders das Studium in den USA aufgebaut ist, sondern auch die Unterschiede zu Deutschland im alltäglichen Leben kennen lernen.
Michigan - umgeben von Seen
Viel wichtiger aber noch ist, dass du in diesen neun Monaten über dich selbst hinauswachsen wirst, weil du nun mal an einem fremden Ort, in einer fremden Kultur ankommst, in der man sich erst einmal zurechtfinden muss. Schließlich wirst du am Hope College nicht nur auf Englisch studieren, sondern auch als eine Art Deutsch-Tutorin arbeiten – aber dazu später mehr. Das tolle an diesem College ist: Die Mitglieder der „Hope College Community“ werden alles tun, um dir zu helfen, wann immer du Probleme hast, oder einfach einmal jemandem zum Reden brauchst.

Zum College:

Hope College ist mit knapp 3000 Studierenden ein sehr kleines, privates College, nahe dem Ufer des Lake Michigan. Der Name und das Campus-Motto („Spera in Deo“ à „Hope in God“) legen die christliche Ausrichtung vielleicht schon nahe, die dir während deines Auslandsaufenthaltes täglich begegnen wird. So gibt es Montag, Mittwoch und Freitag einen ca. 25-minütigen Gottesdienst in der Campus-Kapelle, zu dem ein großer Teil der Studierenden und Lehrenden auch regelmäßig erscheint, sowie einen zweistündigen Gottesdienst am Sonntag, der ebenfalls immer gut gefüllt ist. Ein Gottesdienst in Amerika sieht aber ganz anders aus, als man es aus Deutschland kennt: Hier findest du eher Vorträge mit Bezug auf die täglichen persönlichen Herausforderungen und Musik in Form von Gospel-Songs und christlichen Pop-/Rock-Bands. 
Spaß im Unterricht - mach deinen Job kreativ!
Der Campus des Hope Colleges ist sehr schön. Um die Pine Grove, eine riesige Grünfläche voller Bäume und sich sonnenden oder lernenden Studierenden, spielt sich das Uni-Leben ab. Anders als in Deutschland ist in den USA aber nicht allzu viel Zeit zum faul in der Sonne liegen, da in den Kursen erwartet wird, dass du täglich Hausaufgaben abgibst, die dann auch bewertet werden. Generell gleicht der „Unterricht“ am College eher dem Aufbau der deutschen Oberstufe. Dafür sind die Dozenten/Dozentinnen aber auch allzeit bereit dir mit Hausaufgaben und Fragen zum Kurs zu helfen, was ich persönlich besonders in der Anfangszeit auch gern und oft genutzt habe. Das Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden ist eben viel persönlicher – Jede(r) Prof. weiß genau wie du heißt, woher du kommst und ist an dir als Person interessiert.

Zum Ort:

Das College befindet sich in Holland, Michigan, einem – für deutsche Verhältnisse – sehr kleinen Ort. Es gibt im Grunde eine Einkaufsstraße, die für dich fußläufig erreichbar ist und alles andere liegt für dich – sofern du dir kein Auto eines Freundes leihen kannst – außer Reichweite. Dafür ist das Örtchen wirklich sehr hübsch und erinnert an den Stil, den wir aus
Nächste Stadt: Chicago!
den Niederlanden kennen. Hier findet Holland, Michigan nämlich auch seinen Ursprung, da dieses Gebiet einst von niederländischen Einwanderern besiedelt wurde. Du wirst dich aber mit dem Gedanken anfreunden müssen, etwas isoliert zu leben, da der öffentliche Verkehr in dem Ort quasi nicht vorhanden ist und zum Beispiel zum nächsten Supermarkt nicht einmal Fußwege führen, da es in den USA sehr ungewöhnlich ist, sich zu Fuß oder mit dem Fahrrad fortzubewegen, anstatt – selbst kurze Strecken – mit dem Auto zu fahren. Wenn du aber Glück hast, dann findest du Freunde, die dir ab und zu ihr Auto leihen. Das hat mir sehr geholfen, mit der andersartigen Infrastruktur der Gegend zurechtzukommen, die als Deutsche(r) eben wirklich sehr ungewohnt und manchmal etwas beengend ist. Zum Glück gibt es aber einige Cafés in Holland, in denen man sich mit Freunden treffen oder lernen kann, anstatt immer nur on Campus zu sein.

Dein Job:

Du wirst am DMCL (Department of Modern and Classical Languages) angestellt sein, wo du für das Fach Deutsch als Teaching Assistant arbeiten wirst. Dieser Job bedeutet, ein paar Mal in der Woche Deutsch-Klassen zu unterrichten, Veranstaltungen zur Repräsentation Europas und der deutschen Kultur zu planen und anderweitige Hiwi-Arbeiten, die anfallen, zu erledigen. Der Deutsch-Unterricht zielt jedoch kaum bis gar nicht auf Grammatik ab,
Dein Büro, das du dir mit dem/der French TA teilst
sondern es geht vielmehr um Kultur-Vermittlung und darum, den SchülerInnen die Angst vor dem Deutsch-Sprechen zu nehmen. Für mich war dieser Job eines der Highlights des ganzen Auslandsjahres, da du sehr frei in der Gestaltung deines Unterrichts bist und du, neben organisatorischen, auch kreative Aufgaben hast. Dein „Chef“ ist Professor Lee Forester, der Vorsitzende des Fachs Deutsch. Er wird dir wöchentlich neue Aufgaben geben und dir mitteilen, welche Erwartungen er an dich hat. Lee ist sehr hilfsbereit und freundlich und hat auch immer Verständnis dafür, wenn du mal mehr Hilfestellung als gewöhnlich benötigst, oder irgendetwas nicht so gut läuft. Des Weiteren wirst du ihn alle zwei Wochen beim „German Stammtisch“ sehen, wo alle möglichen Deutsch-StudentInnen und andere Leute, die gern deutsch sprechen, zusammenkommen und Spiele spielen, sich unterhalten und gemeinsam auf Kosten des Departments essen und trinken. Der Stammtisch hat mir immer besonders viel Spaß gemacht und ich bin gern dorthin gegangen, aber es wird auch erwartet, dass du möglichst oft daran teilnimmst.

Campus-Leben: 

Das Leben an der Uni ist ganz anders, als du es aus Deutschland kennst. Erst einmal wohnen fast alle Studierenden auf dem Campus, sodass es manchmal fast die Atmosphäre eines Internats hat. Die meisten leben in Zwei- bis Dreibettzimmern in Studentenwohnheimen, aber da du als Teaching Assistant eine besondere Stellung hast, lebst du in einem internationalen Haus (namens Fried Cottage), in dem du (Luxus pur!!!) sogar dein eigenes, großes Zimmer hast. Es gibt sehr strikte Regeln am Hope Campus, zu denen beispielsweise gehört, dass der Konsum von Alkohol und das Rauchen
So sieht dein Zimmer am Hope College aus
auf dem Campus absolut verboten sind, auch wenn du Ü-21 und in deinem Zimmer bist. Das wird auch ziemlich streng kontrolliert – es kann passieren, dass Campus Safety (eine Art Privatpolizei des Colleges) die Studentenwohnheime, Häuser und sogar 
Zimmer unangekündigt nach Alkohol und Drogen durchsucht. Aber auch andere Regeln, über die man manchmal schmunzeln muss, gelten strikt – wie zum Beispiel, dass du (selbst, wenn du sie nicht anzündest) keine Kerzen besitzen darfst. 
Das bedeutet: Die feuchtfröhlichen Abende, die in Deutschland für viele zum Studentenleben dazugehören, bleiben in den USA i.d.R. aus, es sei denn, du gehst 
auf Verbindungspartys, die dann auch an Filme wie „American Pie“ erinnern, aber mich persönlich eher wenig angesprochen haben. Auch die Möglichkeit abends tanzen zu gehen,
Fried Cottage - deine Unterkunft
gibt es wenig bis gar nicht. Die Studierenden am Hope College treffen sich daher eher, um abends mal gemeinsam Frozen Yoghurt zu essen, Hausaufgaben zu machen, oder einen Film zu schauen – aber auch das kann mit den richtigen Leuten eine tolle Zeit sein! Des Weiteren hat das Hope College viele Dinge gratis zu bieten. So kannst du kostenfrei das Fitnessstudio + Schwimmbad besuchen, zu verschiedenen Motto-Abenden (wie „Korean Barbecue“) gehen und manchmal werden auch kostenfreie Trips nach Chicago angeboten. Du kannst sogar kostenfrei zur Arztpraxis auf dem Campus gehen. Da du dieses unglaubliche Stipendium hast, kannst du drei Mal am Tag kostenlos in der Mensa essen, musst nichts für die Unterkunft zahlen und auch die Studiengebühren fallen für dich komplett weg. Du wirst erstaunt sein, wie viele Kosten vom Hope College wie selbstverständlich übernommen werden. Was besonders toll daran ist: So hast du kaum Ausgaben und kannst das übrig gebliebene Geld ins Reisen während der Ferien investieren!

Kulturschock? Mach es trotzdem!

Du wirst einige Zeit brauchen, um dich an das Leben in einer amerikanischen Kleinstadt im mittleren Westen zu gewöhnen. Während man durch die Medien oft den Eindruck vermittelt bekommt, die USA und Deutschland, als zwei westliche Länder, seien sich sehr ähnlich, sind die Kulturen und auch die Infrastrukturen viel verschiedener, als oft gedacht.
Nimm dir Zeit zum Reisen! Amerika ist
wunderschön und vielfältig!
Aber gerade der Kulturschock, den mit Sicherheit auch du haben wirst, ist einer der Hauptgewinne des Auslandaufenthalts in den USA! Zu lernen, sich anzupassen und sich dennoch selbst treu zu bleiben und die Unterschiede zweier Kulturen schätzen zu lernen, ist eine Erfahrung, die mich und meine Weltanschauung noch lange prägen wird.
Du wirst Menschen kennenlernen, die du in deinem Leben nicht missen möchtest und du wirst Erlebnisse haben, die dich persönlich und akademisch bereichern werden. Der Job und auch das Studieren auf Englisch werden dich täglich vor Herausforderungen stellen. Aber diese Herausforderungen zu meistern, ist etwas, wovon du für den Rest deines Lebens profitieren wirst. Nicht zuletzt wirst du Möglichkeiten haben, das Land zu bereisen und die landschaftliche und kulturelle Vielfalt Amerikas zu entdecken – diese Chance ist unter Umständen einmalig.
Schon jetzt, einen Monat nach meiner Rückkehr, haben mir das Stipendium und die damit verbundenen Sprachkenntnisse zu tollen Praktikums-Zusagen verholfen und mich in meiner Selbstrepräsentation gestärkt. Ohne das Stipendium am Hope College in Michigan hätte ich viele atemberaubende Erfahrungen verpasst, die mich auf ewig prägen werden. Stürz dich in dieses Abenteuer und sieh selbst, wovon ich spreche – bewirb dich am Hope College!


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