Mittwoch, 7. September 2016

International Students Orientation

Als ich in Grand Rapids landete, wurde ich von Jason und Sarah, zwei Couchsurfern, abgeholt. Die beiden haben mir echt nochmal bewiesen, wie sehr es sich lohnt, zu couchsurfen! Die beiden gaben mir das bequemste Bett, das ich mir hätte wünschen können und waren super offen und lieb! 
 Eigentlich hatte ich vor, nur die Nacht bei den beiden zu schlafen und am nächsten Morgen direkt in den Fernbus nach Holland in Richtung College zu steigen. Da wir uns aber so gut verstanden, frühstückten wir am nächsten Morgen noch gemütlich zusammen und die beiden baten mir an, mich mit dem Auto nach Holland zu fahren und mir noch die Gegend zu zeigen. Dieses coole Angebot nahm ich natürlich sofort an und so habe ich vor meiner Ankunft noch einen Abstecher zum Lake Michigan und eine Tour durch die Kleinstadt, die ich jetzt vorübergehend mein "zu Hause" nennen darf, gemacht.
Ich war von allen Freshmen (also den neuen Studenten) die zweite, die ankam. Wir internationalen Studenten waren so oder so die ersten auf dem Campus, was bedeutet, dass ich auf einem fast vollkommen leeren Gelände ankam. Die Orientation Assistants zeigten mir das Cottage, in dem ich nun lebe und dann hieß es: Taschen auspacken.
Mein (Einzel-)Zimmer!
Es war wirklich nicht viel auszupacken, da ich kaum Kleidung mitgebracht hatte, um die Möglichkeit zu haben, vorher durch den Osten der USA zu backpacken.
Da saß ich also in diesem riesigen, alten, knartschenden Cottage, ganz allein und völlig überfordert mit mir selbst. Durch meine Reise hatte ich mich schließlich daran gewöhnt, nie allein zu sein. Mehr als zwei Wochen Tag für Tag mit mindestens sechs anderen Personen im Zimmer zu übernachten und immer Leute um sich zu haben, macht nämlich, wie ich jetzt herausfinden durfte, ganz schön abhängig! Und so überkam mich die erste richtige Welle Heimweh. In der Nacht schloss ich (ja, ich bin ein Angsthase) vorsorglich die Kellertüren des Hauses ab und versuchte zu ignorieren, dass die Situation gerade den perfekten Start für einen Horrorfilm abgeben würde.
Baden in Lake Michgan :)

In den nächsten Tagen hatte ich dann aber volles Programm, weil die Orientierungsphase begann, als alle internationalen Studenten (insgesamt 51 Leute) angekommen waren. Die Orientierungsphase ist allerdings keineswegs vergleichbar mit der O-Phase, wie wir sie von deutschen Universitäten kennen. Vielmehr ging es bei dieser Orientierung um Schulungen, die das College, die Kultur und die Gesetzeslage in den U.S.A. betrafen. Nach zwei Tagen fuhren wir dann aber nach Nord-Michigan, was echt beeindruckend war. Dieses Gebiet ist praktisch menschenleer. Die Busfahrt führte uns stundenlang durch endlose Wälder, in denen weder Häuser, noch irgendetwas anderes zu sehen waren.
Wir kamen dann in einem christlichen Camp an, in welchem wir viel Teambuilding und andere Gruppenaktivitäten machten. Ich tat mich etwas schwer damit, mich darauf einzulassen, weil das Programm nicht nur vorgegeben, sondern auch verpflichtend war, wodurch ich mich etwas in meiner Selbstständigkeit beraubt fühlte. Generell muss ich sagen, dass das
Mackinaw Island
einer der größten Unterschiede zu Deutschland 
für mich ist: Man ist als College-Studentin absolut abhängig von dem College selbst. Die Mitarbeiter nehmen einem hier jedes Problem ab, wodurch man schnell das Gefühl bekommt, dass einem nichts zugetraut wird. Daran, dass es einfach normal ist, dass es hier so läuft, musste ich mich erst gewöhnen.
Am letzten Tag des Nord-Michigan-Trips fuhren wir dann nach Mackinaw Island. Die Insel ist berühmt für die Herstellung der Süßigkeit "Fudge" und liegt im Lake Huron. Das besondere ist, dass es auf der Insel keine Autos gibt, was man der Qualität des Seewassers und der Luft definitiv anmerkt.
Als wir zurück zum College kamen, ging die Orientierung noch ein bisschen in der näheren Umgebung weiter - Wir machten zum Beispiel einen Abstecher zu Lake Michigan, grillten dort und gingen anschließend schwimmen. Das war echt ein schöner Tag. Das Wasser ist unglaublich klar und nicht salzig, was echt cool war! Und dann begann so langsam das richtige Collegeleben. Ich machte die letzten Feinschliffe an meinem Stundenplan und dann gingen die Kurse auch schon los!

Washington D.C. und meine Reise nach Michigan

Beim Verlassen von Philly war ich dann nicht ganz so schwermütig wie beim Verlassen meines geliebten New Yorks. Nachdem ich nun mit NYC das Extrembeispiel einer riesigen Großstadt und mit Philadelphia einen ziemlichen Gegensatz hatte, kam mir Washington nun die Mischung auf mich zu.
Sobald ich aus der Metro ausstieg, traf ich durch Zufall zwei deutsche Leute, mit denen ich ins Gespräch kam, woraufhin sich herausstellte, dass wir nicht nur auf dem Weg zum gleichen Hostel waren, sondern, dass wir bereits in New York ein Hostel geteilt hatten. Als ich in meiner Unterkunft ankam, fühlte ich mich direkt wohl. Der Inhaber (der übrigens nebenbei auch als Background-Tänzer von Taylor Swift arbeitet - why not?) war total cool
Obama? Bist du es?
drauf und alle Leute im Hostel schienen direkt befreundet zu sein. Vielleicht lag es auch daran, dass ich nicht nur zwei Leute aus meinem New Yorker Hostel, sondern auch zwei weitere aus meinem Philly-Hostel wiedertraf. Großes Land, kleine Welt!
Das schöne an Washington ist, dass es zwar eine Großstadt ist, aber alles trotzdem gut zu erreichen ist (sogar meist zu Fuß). Diese Stadt scheint bald aus Fülle von kulturellem 
Angeboten zu platzen. Natürlich führte mich mein erster Weg direkt zum weißen Haus, um Obama zuzuwinken. Er hat aber nicht zurück gewunken. 

In Washington gibt es eine Institution, die sich "Smithsonian Institution" nennt und dafür sorgt, dass man in die allermeisten Museen gratis hinein kommt. Und diese Museen sind auch noch richtig gut. Zum Beispiel führte mich mein Weg zum National Museum of American History, was mir dieses Land auf jeden Fall etwas näher gebracht hat. Auch das Spy Museum, das sich mit dem amerikanischen (aber auch mit dem deutschen)
Geheimdienst beschäftigt, habe ich mir nicht entgehen lassen. Auch wenn ich gestehen muss, dass die Hälfte des Museums aus Propaganda zu bestehen scheint, war es wirklich interessant. Außerdem tat es gut, sich in den kühlen Museen aufzuhalten, während es draußen fast durchgängig um die 40 Grad Celsius warm war. Diese Stadt hat mich das ganze Air Conditioning hier echt zu schätzen gelehrt!
Washington war wirklich die perfekte Mischung: Tagsüber Sightseeing, Abends mit den Leuten aus dem Hostel rumhängen. Ob wir nun die Olympics zusammen geschaut haben (na gut, ich gebe zu: So richtig mitgefiebert habe ich nicht), oder zusammen gekocht und dann die Zeit in der Küche vergessen haben - es war immer jemand zum quatschen da.

In den letzten zwei Tagen habe ich dann noch zwei deutsche Jungs aus Mainz
kennengelernt, die lustiger Weise auch Geographie studieren. Wir waren gefühlt innerhalb von 5 Sekunden Freunde und haben uns echt alle drei super verstanden und dann noch die letzte Zeit zusammen verbracht. Als dann mein Flieger nach Michigan ging, ging auch der Flieger der Jungs nach Kanada, wo sie einen Roadtrip machen wollten. Ich war echt froh, dass ich nicht allein zum Flughafen fahren musste, weil ich ca. zwei Stunden pro Tag damit verbrachte, mich zu verlaufen... und dabei studiere ich doch Geographie!
Als ich dann im Flieger nach Michigan saß, bin ich mit einer Stewardess ins Gespräch gekommen, die nichts zu tun hatte, weil nur 10 Passagiere an Bord waren. Wir haben uns
Sie muss gewusst haben, wie
glücklich man mich mit Schokolade macht!
direkt super verstanden. Als sie mir eine heiße Schokolade gebracht hat, habe ich mich so 
gefreut, dass sie mir ganz viele Pakete für Instant Hot Chocolate geschenkt hat. Daraufhin bat sie mir sogar an, sie zu besuchen, falls ich mal durch den Süden reisen sollte, wo sie her kommt.
Als das Flugzeug meinem Ziel (Grandrapids, MI) dann immer näher kam und ich aus dem Fenster schaute, wurde mir so langsam bewusst, wo ich landen würde. Von oben konnte ich die Weite dieses Staates überblicken. So weit das Auge reicht: Nichts als Felder mit ein paar Tupfern aus Häusern dazwischen, die mir versicherten, dass dieses Gebiet überhaupt schon besiedelt wurde. Willkommen in Michigan, Lea!

Philadelphia

Als ich in Philadelphia ankam, war ich erst einmal geschockt: Keine vollkommen überfüllten Straßen, kein Gehupe, keine gelben Taxis soweit das Auge reicht. 

Als ich aus dem Bus ausstieg, sah ich zu aller erst Schulklassen, die wohl einen Ausflug in die historische Stadt machten und ein paar ältere Damen beim Kaffee trinken.
Ich muss dazu sagen: Ich war in einem Teil Philadelphias, der sich "Old City" nennt und ziemlich ruhig ist. Beinahe zu jedem Block gehört ein kleiner Park, in dem Leute sitzen und Bücher lesen und dabei wahnsinnig intellektuell aussehen. Durch die ganze Stadt ziehen sich außerdem Schilder, auf denen Fakten zur Geschichte und Entstehung der Stadt stehen.
Ich wünschte ich könnte noch viel mehr zu dieser Stadt schreiben, aber um ehrlich zu sein, hat man Philadelphia innerhalb eines Tages rundherum gesehen. 
Obwohl die Stadt ohne Zweifel interessant ist (schließlich ist sie praktisch der Geburtsort der U.S.A.), ist sie - vor allem, wenn man grade aus NYC kommt - schnell erforscht.
Ich ließ mich also dazu verleiten mein Pensum an Kulturhopping mal etwas herunter zu fahren und ein bisschen mehr Zeit im Hostel zu verbringen. Das Hostel, in dem ich lebte war zwar sehr gemütlich, aber trotzdem fühlte ich mich dort nicht so richtig wohl. Die Mitarbeiter dort arbeiten nicht für Geld, sondern für Unterkunft. Hauptsächlich sind es also junge Leute, die gerade auf eine Arbeitserlaubnis oder einen Studienplatz warten und selbst neu in der Stadt sind. Das ist wohl der Grund dafür, dass die Mitarbeiter wie wild darauf sind, ihre Gäste zum trinken und feiern zu verleiten.
Es ist nicht so, dass ich nicht gerne feiern gegangen wäre, aber leider bin ich gerade noch 20 und komme damit in keine amerikanischen Bars oder Ähnliches rein. Da ich Angst hatte mein Stipendium zu verlieren, wollte ich nichts riskieren und so blieb ich Abend für Abend zu Hause, was das Socializen etwas schwierig gestaltete. 

Nachdem ich die Liberty Bell (die übrigens zum letzten Mal an George Washingtons Geburtstag geläutet hat und im Zuge der Unabhängigkeitserklärung zum Zeichen der Freiheit wurde), die Rocky Steps, die Independece Hall und gefühlt auch den ganzen Rest der Stadt erkundet hatte, bestand mein Philly-Aufenthalt also vielmehr darin, mit einem Buch im Park zu sitzen - so wie es mir die Einwohner ja bereits vorgemacht hatten.

New York City

Hallo Times Square!
Mehr als einen Monat ist es nun schon her, dass ich mitten in New York aus dem Flieger stolperte und von nun an auf mich selbst gestellt war. Mit einem Rucksack auf dem Rücken und definitiv zu vielen Taschen in der Hand machte ich mich ganz nach dem Motto "Low Budget" mit der Ubahn auf den Weg nach Queens zu Ben, einem Couchsurfer, bei dem ich die ersten drei Nächte übernachten konnte.
Mein erstes Mal (allein) Couchsurfen war echt eine coole Erfahrung, auch wenn ich immer wieder Angst hatte, zur Last zu fallen - aber diese Angst muss man wohl einfach ablegen, wenn man auf der Suche nach einem kostenlosen Schlafplatz in New York City ist. Es war auf jeden Fall hilfreich bei einem New Yorker zu wohnen, weil Ben mir nicht nur Geheimtipps bezüglich der Stadt geben konnte, sondern auch seine Erfahrungen bezüglich 09/11 (Die Anschläge auf die Twin Towers) und Hurricane Sandy teilte. 

 Da man aber natürlich immer an die Zeiten des Gastgebers gebunden ist und mich der Jetlag in den ersten Tagen auf Schritt und Tritt begleitete, war ich trotzdem echt froh, ein richtiges Bett zu haben, als ich nach drei Tagen nach Brooklyn umzog.

Das Hostel lag inmitten von Brooklyns alternativer Hipster-Szene, in einem Loft, das nicht nur eine Dachterrasse und einen riesigen Außenbereich, sondern auch super coole Gäste zu bieten hatte. Auch wenn es cool war, die Stadt auf eigene Faust zu besichtigen und sich so viel Zeit zu lassen, wie man nun mal braucht, war es schön, mal wieder unter Leuten zu sein!
Ich lernte direkt meine australische Zimmernachbarin Sarah kennen, mit der ich dann den Tag verbrachte. Daraufhin traf ich jeden Tag neue coole Leute aus aller Welt, sodass ich nun Irländer, Indonesier, Kanadier und Australier zu meinen Freunden zählen darf.
The city that never sleeps
Nachdem es mir (als Burgdorferin/Göttingerin) am Anfang schwer fiel, mit der ganzen Hektik der Stadt umzugehen, fing ich nach ein paar Tagen an, diese Stadt zu lieben!
An jeder kleinen Ecke New Yorks findet man Kunst und kleine Besonderheiten. Ich würde NYC zwar nicht als hübsch, aber definitiv als unglaublich bunt und auf seine eigene Weise wunderschön beschreiben!
Man kann nur schwer ein Ende finden. Es gibt so viel zu sehen: Ich konnte für 30 Dollar ein Last-Minute-Ticket für The Phantom of the Opera ergattern, die Stadt auf dem Empire State Building von oben betrachten (was mir übrigens echt den Atem geraubt hat), das Museum of Modern Arts erkunden, meine Zeit in Brooklyns coolen Coffeeshops vertrödeln oder der Public Library New Yorks zu Füßen fallen.
Nach ein paar Tagen lernte ich dann (wie es in der Stadt der Künstler wohl sein muss) einen Kunststudenten kennen, der mich ins Metropolitan Museum of Art mitnahm. Es war echt etwas besonderes, die Ausstellungen mit jemandem zu erleben, der eine besondere Beziehung zu Kunst hat. Anschließend schlenderten wir noch durch den Central Park, wo ich zum ersten Mal in meinem Leben ein Glühwürmchen zu Gesicht bekam (Highlight!!). Und  wo mir die Ehre zu Teil wurde, von dem Kunststudenten skizziert zu werden. Auch wenn ich aussehe, als ob ich einen Kuss-Mund machen würde, erkenne ich mich definitiv wieder! :D 
Das soll also ich sein

Die Zeit in New York war so unglaublich für mich, dass ich am liebsten direkt dort geblieben wäre. Aber wenn ich an jedem Ort der mir gefällt bleiben würde, müsste es mich wohl mehrmals geben. Und so stieg ich nach 10 Tagen - wenn auch schweren Herzens - in den Fernbus nach Philadelphia ein. Ich bin mir aber ganz sicher, dass New York und ich uns nicht zum letzten Mal gesehen haben! ;)